Auf dem Weg zur alten Schönheit: Die Räume der fürstbischöflichen Beletage
Es ist eines der größten Projekte in den historischen Monumenten des Landes: Schloss Bruchsal erhält die Folge der Räume in der Beletage wieder, wie sie im 18. und 19. Jahrhundert und bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bestanden. Die Wiedereröffnung der Beletage-Räume ist für das Frühjahr 2017 terminiert. Jetzt gab es einen Rundgang in den Schlossräumen.
RÄUME DER FÜRSTBISCHÖFLICHEN ZEIT ERSTEHEN WIEDER
Die Arbeiten laufen auf Hochtouren: Die Fachleute vom zuständigen Amt Karlsruhe von Vermögen und Bau Baden-Württemberg und von den Staatlichen Schlössern und Gärten sind in enger Abstimmung in Schloss Bruchsal tätig. Günter Bachmann, Leiter des Amtes Karlsruhe von Vermögen und Bau, präsentierte denn auch zusammen mit Geschäftsführer Michael Hörrmann den Stand der Vorbereitungen in der Beletage des einstigen fürstbischöflichen Schlosses. Im Zweiten Weltkrieg fast bis auf die Außenmauern zerstört, konnte das Meisterwerk der Barockarchitektur in den letzten 50 Jahren Stück für Stück wieder aufgebaut werden. Das berühmte Treppenhaus des genialen Baumeisters Balthasar Neumann erstand wieder und die Prunksäle im Mitteltrakt, in großartigen und detailgetreuen Rekonstruktionen. Mit den Räumen der Beletage gelinge nun ein weiterer Schritt der Wiedergewinnung dieses grandiosen Kulturdenkmals, erklärten Michael Hörrmann und Günter Bachmann einhellig.
DER STAND DER ARBEITEN IN DER BELETAGE
Die Arbeiten sind so weit fortgeschritten, dass die Räume allmählich erkennbare Formen annehmen: Die Decken sind eingezogen, hinter denen sich viel Technik – unter anderem die aufwendige Klimatisierung – verbirgt. „Wir sind im Zeitplan – auch wenn der Schlossbau die Spezialisten immer wieder vor Herausforderungen gestellt hat“, erklärt Günter Bachmann. Als Musterraum eingerichtet wurde das „Rote Zimmer“ aus der fürstbischöflichen Raumfolge. Weitgehend abgeschlossen ist die Stuckierung der Räume der Beletage. Aktuell stehen Tischlerarbeiten auf dem Programm – unter anderem wurden große Türelemente mit der fürstlichen Gesamthöhe von 4,40 m eingebaut. Sie orientieren sich an den alten Türformen, denn über jeder Tür wird die original erhaltene Supraporte – so der historische Fachbegriff für ein Gemälde über einer Tür – wieder seinen Platz finden. „Dass jede Supraporte eine unterschiedliche Form hat, ist für die Handwerker eine Herausforderung“, erklärt Claudia Reisch, die Bauleiterin. „Die Konturen der Gemälde setzen sich, typisch für die Zeit, aus Schwüngen zusammen und sind oft nicht symmetrisch. Das heißt, dass die Platzierung eines jeden Gemäldes in der Platte individuell erfolgen muss.“
KLIMATISIERUNG AUF DEM NEUESTEN STAND
In den Dachgeschossen im Nord- und Südflügel wurden bereits die großen Lüftungsanlagen zur Klimatisierung der Räume der Beletage eingebaut. Dafür musste extra die Dachfläche zu den Innenhöfen geöffnet werden, um dann mit einem Turmdrehkran die großen Geräte ins Schloss zu heben. Ihr Gewicht macht es nötig, dass eine große Stahlträgerkonstruktion mit 9 m langen Stahlträgern zusätzlich zu den vorhandenen Decken eingebaut werden musste, um die Last der Lüftungsgeräte abzufangen. Eine weitere Herausforderung: Der gesamte Bereich der Lüftungsanlage musste schalltechnisch isoliert werden, um eine Lärmbelastung der darunter liegenden Räume der Beletage zu verhindern. Aber der Aufwand lohnt sich, denn die große Anlage leistet später alle „thermodynamischen Luftbehandlungen“, so der Fachbegriff: Sie wird heizen, kühlen, be- und entfeuchten. Obendrein haben die Fachleute von Vermögen und Bau auf ein sehr energieeffizientes Verfahren zur Regelung von Lüftungsanlagen geachtet.
URSPRÜNGLICHES GIEBELRELIEF RESTAURIERT
Eine Rarität sind auch die Figuren im Giebel des Mitteltraktes von Schloss Bruchsal: Denn diese Figuren aus Stuck sind erstaunlicherweise weitgehend im Original erhalten – ein Baudetail von hoher künstlerischer Qualität, das die Zerstörung im Krieg überlebt hat. Sie wurden vom Restaurator Wilhelm Glaser untersucht und restauriert. Durch Sondierungen und Röntgenaufnahmen weiß man jetzt mehr über die Wappenfiguren, geschaffen vom renommierten spätbarocken Stuckkünstler Johann Michael Feichtmayr dem Jüngeren. Dabei zeigte sich: Die Stuckfiguren waren ursprünglich ohne Vergoldung – dafür aber mit einem raffinierten Oberflächeneffekt versehen: In der Gipsmasse ist gestoßenes Glas verarbeitet, sodass die Figuren im Licht reflektierten. Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts erhielten sie die heute sichtbare Vergoldung und den weißen Anstrich.
KOSTBARKEITEN FÜR DIE AUSSTATTUNG
Fast komplett sind die Ausstattungen der Räume erhalten: Mobiliar, Bilder und Kunstgegenstände sind in den Inventaren der fürstbischöflichen Zeit dokumentiert. „Das meiste dieser kostbaren Ausstattung ist erhalten und wird künftig wieder im Schloss zu sehen sein“, erklärt Geschäftsführer Michael Hörrmann. „Ein Glücksfall und eine absolute Rarität“ sei dieser Zustand der annähernden Vollständigkeit. Erworben werden von den Staatlichen Schlössern und Gärten dazu noch einzelne Stücke, die den Raumeindruck des 18. Jahrhunderts komplettieren. „Grundlage für den Erwerb ist aber immer, dass ein solches Stück in den alten Inventaren genannt wird“, erklärt Michael Hörrmann. Die Konservatorin für Schloss Bruchsal, Dr. Petra Pechaček, konnte denn auch drei Kostbarkeiten präsentieren, die neu für die Ausstattung erworben wurden: zwei Porzellane, ein „Chinesen-Paar mit Räuchergefäß in Form einer Artischocke“ aus der Manufaktur Frankenthal, entstanden im Jahr 1783, und einen „Dudelsackbläser“ aus Meißen, ca. 1740-48 geschaffen. Aus den alten Schloss-Inventaren ist bekannt, dass sich unter den fürstbischöflichen Sammlungen auch viele Porzellane befanden. Ebenfalls neu erworben für die Ausstattung wurde ein barocker Aufsatzsekretär aus der Zeit um 1750-60. „Ein Zufallstreffer und großer Glücksfall“ sei es, dass das Möbelstück im Handel aufgetaucht sei, erklärt Dr. Petra Pechaček: „Der Sekretär gleicht einem Schreibmöbel und zwei Kommoden im originalen Bruchsaler Bestand so sehr, dass unsere Neuerwerbung mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer für Schloss Bruchsal unter Fürstbischof Franz Christoph von Hutten Mitte des 18. Jahrhunderts angefertigten Serie stammt.“ Ab 2017 wird das Nussbaummöbel zusammen mit seinem Gegenstück und dem Kommodenpaar im Winterspeisezimmer im ehemaligen Privatappartement der Fürstbischöfe präsentiert.
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Montag, 14. März 2016
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FORTSCHRITTE IN DER BELETAGE
Es ist eines der größten Projekte in den historischen Monumenten des Landes: Schloss Bruchsal erhält die Folge der Räume in der Beletage wieder, wie sie im 18. und 19. Jahrhundert und bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bestanden. Die Wiedereröffnung der Beletage-Räume ist für das Frühjahr 2017 terminiert. Jetzt gab es einen Rundgang in den Schlossräumen.